.

Richtlinie
des Ministeriums für Arbeit, Gesundheit, Familie und
Sozialordnung über die Förderung von Ehe-, Familien- und Lebensberatungsstellen und
von nach § 218b Abs. 2 Nr. 1 des Strafgesetzbuchs anerkannten Beratungsstellen (RL-EFL)

Vom 26. November 1982

(GABl. 1983 S. 1097), zuletzt
geändert am 10. September 1987 (GABl. S. 873)

#
1.
Zuwendungszweck
1.1
Zur Förderung eines ausreichenden, pluralen Angebots an sozialen Beratungsdiensten in allen Landesteilen können zu den Personalkosten von Ehe-, Familien- und Lebensberatungsstellen und von nach § 218b Abs. 2 Nr. 1 des Strafgesetzbuchs anerkannten Beratungsstellen (Beratungsstellen) nach Maßgabe dieser Richtlinie Zuwendungen gewährt werden.
1.2
Ehe-, Familien- und Lebensberatungsstellen im Sinne dieser Richtlinie sind mit entsprechend vorgebildeten Fachkräften besetzte Einrichtungen der in Nummer 3 bezeichneten Träger, die durch personalsoziale Beratung und – soweit möglich und erforderlich – auch durch entsprechende therapeutische Maßnahmen dazu beitragen, Ehe-, Familien- und Lebensprobleme (wie z.B. Beziehungsprobleme, entwicklungs- und schicksalsbedingte Lebenskrisen) zu lösen und aufgetretene Konflikte zu bewältigen.
1.3
Die Aufgaben der nach § 218b Abs. 2 Nr. 1 StGB anerkannten Beratungsstellen ergeben sich aus den Richtlinien des Ministeriums für Arbeit, Gesundheit, Familie und Sozialordnung über die Beratung werdender Mütter nach § 218b Abs. 1 Nr. 1 StGB vom 9. Dezember 1985 (GABl. 1986 S. 126).
2.
Rechtsgrundlage
Zuwendungen werden im Rahmen der im Staatshaushaltsplan verfügbaren Mittel gewährt. Auf die Gewährung einer Zuwendung besteht kein Rechtsanspruch.
3.
Zuwendungsempfänger
Zuwendungsempfänger können sein
  • gemeinnützige Vereinigungen der Wohlfahrtspflege und freie Familienverbände, die als gemeinnützig anerkannt sind,
  • Körperschaft, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts.
4.
Zuwendungsvoraussetzungen
4.1
Zuwendungen werden gewährt, wenn die Beratungsstelle personell mindestens wie folgt besetzt ist:
4.1.1
mit einer beim Zuwendungsempfänger (Nr. 3) hauptberuflich angestellten, vollzeitbeschäftigten Fachkraft oder
4.1.2
mit mehreren beim Zuwendungsempfänger (Nr. 3) hauptberuflich angestellten, teilzeitbeschäftigten Fachkräften, deren arbeitsvertraglich vereinbarte, durchschnittliche regelmäßige Arbeitszeit zusammengerechnet mindestens dem Umfang einer Vollzeitbeschäftigung entspricht.
4.2
Fachkräfte im Sinne der Nummer 4.1 sind
  • Diplompsychologen,
  • staatlich anerkannte oder graduierte Sozialarbeiter/Sozialpädagogigen oder Diplompädagogen (Fachrichtung Sozialpädagogik),
  • Psychotherapeuten, Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten sowie Heilpädagogen.
Die Fachkräfte sollen über eine mehrjährige Berufserfahrung verfügen, sie müssen mit den Aufgaben der Ehe-, Familien- und Lebensberatung oder der Beratung Schwangerer nach § 218b Abs. 1 Nr. 1 StGB vertraut sein.
4.3
Die Bewilligungsbehörde (Nr. 8.1) kann auf Antrag andere Fachkräfte zulassen. Diese müssen eine geeignete Ausbildung abgeschlossen haben und über besondere Kenntnisse und Erfahrungen im sozialen Beratungswesen verfügen.1#
4.4
Werden die Gesamtausgaben des Zuwendungsempfängers überwiegend aus Zuwendungen der öffentlichen Hand bestritten, darf der Zuwendungsempfänger seine Beschäftigten finanziell nicht besser stellen als vergleichbare Landesbedienstete. Höhere Vergütungen als nach dem BAT oder MTL II sowie sonstigen über- und außertarifliche Leistungen dürfen nicht gewährt werden.
4.5
Die Gesamtfinanzierung der Beratungsstelle muß sichergestellt sein. Es wird erwartet, daß sich kommunale Körperschaften angemessen an der Finanzierung der Beratungsstellen beteiligen.
5.
Form und Höhe der Zuwendung
5.1
Die Zuwendung wird als Zuschuß gewährt und nach Maßgabe der Nummer 5.2 nach festen Beträgen bemessen (Festbetragsfinanzierung). Diese Beträge wurden festgesetzt auf Grund der Erfahrung, wonach eine Zuwendung in dieser Höhe zur Finanzierung der Personalkosten mindestens erforderlich ist (§ 23 LHO).
5.2
Der Zuschuß bemißt sich:
5.2.1
nach der Zahl der hauptberuflich angestellten, vollzeitbeschäftigten Fachkräfte.
Der Zuschuß beträgt 23 500 DM für jede hauptberuflich angestellte, ganzjährig tätige, vollzeitbeschäftigte Fachkraft.
Teilzeitbeschäftigte Fachkräfte mit einer arbeitsvertraglich vereinbarten durchschnittlichen regelmäßigen Arbeitszeit von mindestens einem Viertel der Vollarbeitszeit werden dem Umfang ihrer Beschäftigung entsprechend auf Vollzeitkräfte umgerechnet. Als Zuschuß wird der Vomhundertsatz des Betrages von 20 000 DM gewährt, der dem Umfang der Beschäftigung entspricht.
Je Beratungsstelle werden höchstens bezuschußt:
  • bei Ehe-, Familien- und Lebensberatungsstellen im Sinne der Nummer 1.2 vier vollzeitbeschäftigte Fachkräfte,
  • bei nach § 218b Abs. 2 Nr. 1 StGB anerkannten Beratungsstellen im Sinne der Nr. 1.3
    vier vollzeitbeschäftigte Fachkräfte
  • bei Beratungsstellen, die sowohl ständig in der Ehe-, Familien- und Lebensberatung als auch ständig in der Beratung nach § 218b Abs. 1 Nr. 1 StGB tätig sind,
    sechs vollzeitbeschäftigte Fachkräfte.
    Die Höchstzahl der zuschußfähigen Fachkräfte erhöht sich für jede von der Beratungsstelle betriebene Neben- oder Außenstelle, die an mindestens zwei Tagen der Woche geöffnet ist, um eins.
5.2.2
nach der Zahl der Stunden der in der Beratungsstelle auf Honorarbasis tätigen Fachkräfte.
Der Zuschuß beträgt 15 DM je Stunde, höchstens jedoch 3 000 DM jährlich je Honorarkraft.
Je Beratungsstelle werden höchstens drei Honorarkräfte bezuschußt. Wird bei einer Beratungsstelle die Höchstzahl der zuschußfähigen hauptberuflich angestellten Fachkräfte nach Nummer 5.2.1 nicht erreicht, so erhöht sich bei Bedarf die Zahl der zuschußfähigen Honorarkräfte in der Weise, daß für jede nicht ausgeschöpfte Vollzeitstelle eine weitere Honorarkraft bezuschußt wird.
5.3
Bei längerer Arbeitsunfähigkeit wegen Krankheit ist der Zuschuß nach Nummer 5.2.1 für die Zeit zu gewähren, für die der Anstellungsträger Krankenbezüge zahlt, längstens jedoch für die in § 37 Abs. 2 BAT festgelegten Zeiten.
Für die Zeiten der Beschäftigungsverbote nach § 3 Abs. 2 und § 6 Abs. 1 des Mutterschutzgesetzes sind 50 v.H. des Zuschusses nach Nummer 5.2.1 zu gewähren.
Für Zeiten des Erziehungsurlaubs nach § 15 des Bundeserziehungsgeldgesetzes wird ein Zuschuß nicht gewährt.
5.4
In Ausnahmefällen kann das Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Sozialordnung auf Antrag des Träger statt Fachkräften nach Nummer 4.1 vorübergehend auch andere Kräfte in die Forderung einbeziehen, wenn der Einsatz dieser Kräfte wegen der besonderen Aufgabenstellung oder Klientel der Beratungsstelle unabweisbar notwendig ist. Der Zuschuß für diese Kräfte kann abweichend von Nummer 5.2 bemessen werden, er darf pro Jahr nicht mehr als 15 000 DM betragen.
5.5
Die Besetzung der Beratungsstelle und der Neben-/Außenstellen mit Kräften muß in angemessenem Verhältnis zur Einwohnerzahl ihres Einzugsgebietes und zur Zahl der Beratungen stehen.
5.6
Nimmt die Beratungsstelle ihre Tätigkeit erst im Laufe des Jahres auf oder stellt sie ihre Tätigkeit im Laufe des Jahres ein, verringert sich der Zuschuß entsprechend der Zahl der Monate, in denen nicht oder zeitweilig nicht gearbeitet wird.
5.7
Wird eine nach Beginn der Förderung freiwerdende Planstelle für eine zuschußfähige Fachkraft nicht sofort wieder besetzt, verringert sich der Zuschuß entsprechend der Zahl der Monate, in denen die Stelle nicht oder zeitweilig nicht besetzt ist.
5.8
Für Fachkräfte, für die der Anstellungsträger Leistungen nach §§ 49, 54 oder 91 bis 99 des Arbeitsförderungsgesetzes erhält, wird ein Zuschuß nicht gewährt.
6.
Sonstige Bestimmungen
6.1
Eine Förderung nach dieser Richtlinie kommt nicht in Betracht für Beratungsstellen, die überwiegend Aufgaben in anderen als den in den Nummern 1.2 und 1.3 genannten Beratungsbereichen wahrnehmen.
6.2
Diese Richtlinie gilt nicht für
  • Erziehungs- und Jugendberatungsstellen,
  • psycho-soziale Beratungs- und ambulante Beratungsstellen für Suchtkranke und Suchtgefährdete,
  • Beratungstellen, die sich ausschließlich mit schulpsychologischen Fragen und Schullaufbahnberatung befassen (Bildungsberatungsstellen),
  • Beratungsstellen, die sich ausschließlich mit Fragen der Altenhilfe befassen.
  • Beratungsstellen, die überwiegend der Lehre und Forschung dienen,
  • medizinisch-psychologishe Beratungsstellen, die ausschließlich bestimmten Einrichtungen (z.B. Kliniken, Heimen, Schulen) zur Verfügung stehen,
  • humangenetischen Beratungsstellen,
  • Beratungsstellen, die sich mit fest umschriebenen Störungsformen befassen (z.B. psychiatrische Beratungsstellen, Beratungseinrichtungen für Behinderte, Maßnahmen und Einrichtungen nach § 123ff. BSHG).
6.3
Nimmt ein Träger in der gleichen Einrichtung neben Beratungsaufgaben noch andere Aufgaben wahr, so kommt eine Förderung nach dieser Richtlinie nur in Betracht, wenn mindestens eine hauptberuflich angestellte Fachkraft ausschließlich in den in den Nummern 1.2 oder 1.3 genannten Beratungsbereichen tätig ist. Die mit der Beratungstätigkeit in Zusammenhang stehenden Einnahmen und Ausgaben sind gesondert zu erfassen.
6.4
Eine Mehrfachförderung der Beratungsstelle aus Landesmitteln ist ausgeschlossen.
6.5
Der Zuschußempfänger ist verpflichtet, Änderungen, die für die Förderung erheblich sind, der Bewilligungsbehörde unverzüglich anzuzeigen.
6.6
Eine nachträgliche Erhöhung des Zuschusses (Nachfinanzierung) ist grundsätzlich ausgeschlossen. Sie kann im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel ausnahmsweise in Betracht kommen, wenn der Zuschußempfänger nach Erlaß des Zuwendungsbescheides nachweislich aus zwingenden Gründen gehalten war, die personelle Besetzung der Beratungsstelle noch vor Ablauf des Bewilligungszeitraums zu verstärken. Ein Anspruch auf Nachfinanzierung besteht nicht.
6.7
Da Zuschüsse nur bewilligt werden können, soweit entsprechende Haushaltsmittel zur Verfügung stehen, sollen die Träger Planungen über neue Beratungsstellen dem Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Sozialordnung über den Land- oder Stadtkreis und die Bewilligungsbehörde zum frühestmöglichen Zeitpunkt mitteilen. Die Mitteilung soll auch Angaben über die vorgesehene personelle Besetzung der Beratungsstelle enthalten.
Die Träger der Beratungsstellen sollen ihre Planungen im Benehmen mit den Stadt- und Landkreise im Sinne eines bedarfsgerechten Angebotes abstimmen.
6.8
Unwirksamkeit, Rücknahme oder Widerruf des Bewilligungsbescheides sowie als Folge davon die Rückforderung des Zuschusses und die Verzinsung richten sich nach allgemeinem Recht, insbesondere nach Verwaltungsverfahrensrecht (vgl. §§ 43, 48, 49 des Landesverwaltungsverfahrensgesetzes) und Haushaltsrecht (§ 44a der Landeshaushaltsordnung).
7.
Auszahlung
Der Zuschuß wird auf Anforderung ausgezahlt, wenn die in der Bewilligung genannten Voraussetzungen erfüllt sind und der Zuwendungsbescheid bestandskräftig ist.
8.
Verfahren
8.1
Der Zuschuß wird jährlich auf Antrag gewährt. Der Antrag ist nach Vordruck (Anlage2#) in doppelter Fertigung bei der Bewilligungsbehörde zu stellen. Bewilligungsbehörde ist das für den Sitz der Beratungsstelle örtlich zuständige Regierungspräsidium.
8.2
Der Antrag muß, wenn die Beratungsstelle bereits gefördert worden ist, der Bewilligungsbehörde spätestens am 31. März des laufenden Jahres vorliegen.
Geht der Antrag später ein oder wird erstmals ein Antrag auf Förderung gestellt, beginnt die Förderung frühestens vom Ersten des Monats an, in dem der Antrag bei der Bewilligungsbehörde eingeht.
8.3
Für die Feststellung der in Nummer 4.2 geforderten Qualifikation der Berater hat der Antragsteller im Antrag die erforderlichen Angaben zu machen. Für Fachkräfte, für die im Förderjahr erstmals ein Zuschuß beantragt wird, ist dem Antrag eine Erklärung (Personalblatt) nach Anlage 23# beizufügen. Im Zweifel kann die Bewilligungsbehörde (Nr. 8.1) die Vorlage von Urkunden und Nachweisen verlangen.
8.4
Die Bewilligungsbehörde erläßt den Zuwendungsbescheid auf Vordruck (Anlage 3).4#
8.5
Die Bewilligungsbehörde hat von dem Zuwendungsempfänger bis zum 31. März des auf den Bewilligungszeitraum folgenden Jahres einen Verwendungsnachweis nach Vordruck (Anlage 4)5# zu verlangen.
9. Inkrafttreten, Übergangsbestimmungen
9.1
Diese Richtlinie ist mit Wirkung vom 1. Januar 1982 anzuwenden. Sie tritt an die Stelle der vorläufigen Richtlinien des Ministeriums für Arbeit, Gesundheit und Sozialordnung für Ehe-, Familien- und Lebensberatungsstellen vom 10. Oktober 1977 (GABl. S. 1496).
9.2
Für Beratungsstellen, die bereits am 31. Dezember 1981 förderungsfähig waren, gelten folgende Übergangsbestimmungen:
9.2.1
Die Beratungsstellen werden abweichend von Nummer 4.1 nach dieser Richtlinie bis längstens 31. Dezember 1983 weitergefördert, solange ihre personelle Besetzung mindestens den Anforderungen in Abschnitt 3 der vorläufigen Richtlinien vom 10. Oktober 1977 entspricht.
9.2.2
Nummer 6.3 Satz 1 ist mit Wirkung vom 1. Januar 1984 anzuwenden.
9.3
Abweichend von Nummer 8.2 Satz 1 müssen Förderanträge für das Jahr 1982 der Bewilligungsbehörde spätestens bis 30. September 1982 vorgelegen haben. Bei Beratungsstellen, die im Jahre 1982 erstmals gefördert werden, beginnt die Förderung abweichend von Nummer 8.2 Satz 2 am 1. Januar 1982, frühestens jedoch mit dem Ersten des Monats, in dem die Beratungsstelle erstmals voll arbeitet, sofern der Förderantrag der Bewilligungsbehörde spätestens am 30. September 1982 vorgelegen hat.

#
1 ↑ Über eine geeignete Berufsausbildung verfügen z.B. Diakone, die an der Kirchlichen Ausbildungsstätte für Diakonie und Religionspädagogik Karlshöhe Ludwigsburg eine Ausbildung im Fachbereich Soziale Diakonie erfolgreich abgeschlossen haben. Anhaltspunkte für die fachlichen Voraussetzungen finden sich u.a. auch in der Rahmenordnung des Deutschen Arbeitskreises für Jugend-, Ehe- und Familienberatung vom 26. Mai 1977.
#
2 ↑ Nicht abgedruckt.
#
3 ↑ Nicht abgedruckt.
#
4 ↑ Nicht abgedruckt.
#
5 ↑ Nicht abgedruckt.