Rechtsstand: 01.01.2021

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Artikel 24

( 1 ) Die Errichtung, Auflösung, Trennung und Vereinigung von Kirchengemeinden erfolgt durch Rechtsverordnung des Landeskirchenrates nach Anhörung der betroffenen Ältestenkreise sowie im Benehmen mit den betroffenen Kirchengemeinderäten.
( 2 ) Die Entscheidung nach Absatz 1 erfolgt durch kirchliches Gesetz, wenn die Veränderung mit Rücksicht auf gesamtkirchliche oder übergeordnete Interessen eines Kirchenbezirkes gegen den ausdrücklichen Willen einer Kirchengemeinde vorgenommen werden soll.
( 3 ) Durch die Vereinigung von Kirchengemeinden, von denen keine in Pfarrgemeinden untergliedert ist, entsteht eine Kirchengemeinde, die zugleich Pfarrgemeinde ist. Liegen die Voraussetzungen nach Satz 1 nicht vor, kann der Landeskirchenrat auf übereinstimmenden Antrag des Bezirkskirchenrates sowie der betroffenen Pfarr- und Kirchengemeinden in der Rechtsverordnung nach Absatz 1 auch eine Vereinigung der Pfarrgemeinden herbeiführen.
( 4 ) Änderungen in der Begrenzung des räumlichen Gebiets einer Kirchengemeinde erfolgen nach Anhörung der betroffenen Pfarr- und Kirchengemeinden durch Rechtsverordnung des Evangelischen Oberkirchenrates.
( 5 ) Sollen eine Kirchengemeinde oder Teile von ihr mit Zustimmung des Kirchengemeinderates und im Benehmen mit dem Bezirkskirchenrat an eine andere Landeskirche abgegeben werden, erfolgt dies durch den Abschluss eines zwischenkirchlichen Vertrages, der der Bestätigung durch die Landessynode bedarf. Das Gleiche gilt für die Aufnahme einer Kirchengemeinde aus einer anderen Landeskirche.
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Der Artikel übernimmt in Absatz 1 im Wesentlichen die frühere Regelung des § 28 GO zur Errichtung, Auflösung und Trennung einer Kirchengemeinde, für die bis zum kirchlichen Gesetz zur Änderung der Grundordnung vom 25. Oktober 20121# ein kirchliches Gesetz notwendig war. Seitdem genügt eine Rechtsverordnung des Landeskirchenrates. Ein Gesetzgebungsverfahren ist nach Absatz 2 nur noch erforderlich, wenn die Maßnahme gegen den ausdrücklichen Willen der Kirchengemeinde mit Rücksicht auf gesamtkirchliche oder übergeordnete Interessen2# erfolgen soll. Nach früher Rechtslage war in solchen Fällen eine verfassungsändernde Mehrheit in der Landessynode erforderlich. Beibehalten worden ist, dass vor dem Erlass der Rechtsverordnung eine Anhörung der betroffenen Ältestenkreise und Kirchengemeinderäte stattfinden muss.
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Der 2012 neu eingefügte Absatz 3 regelt die Frage, was im Falle einer Vereinigung von Kirchengemeinden auf der Strukturebene der Pfarrgemeinden geschieht. Rechtstechnisch entstünde durch die Zusammenlegung von zwei Kirchengemeinden, die zugleich Pfarrgemeinden sind (sog. »Eins-zu-eins-Gemeinden«)3# eine Kirchengemeinde mit zwei Pfarrgemeinden. Im Nachgang zur Vereinigung der Kirchengemeinden müsste dann der Bezirkskirchenrat über die Zusammenlegung der Pfarrgemeinden nach Art. 15 Abs. 1 GO entscheiden. Demgegenüber sieht Absatz 3 vor, dass durch die Vereinigung von eins-zu-eins-Kirchengemeinden keine eigenständigen Pfarrgemeinden entstehen. Einer weiteren Entscheidung des Bezirkskirchenrates bedarf es daher nicht. Bestehen in den betroffenen Kirchengemeinden bereits eigenständige Pfarrgemeinden, kann die Rechtsverordnung des Landeskirchenrates zur Vereinfachung des Verfahrens auf übereinstimmenden Wunsch aller Beteiligten auch die Zusammenlegung der Pfarrgemeinden vornehmen.
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Nach Absatz 4 ist für eine Änderung in der räumlichen Begrenzung einer Kirchengemeinde unterhalb der Auflösung, Trennung und Vereinigung keine Rechtsverordnung des Landeskirchenrates erforderlich. Es genügt eine Rechtsverordnung des Evangelischen Oberkirchenrates. Als praktischer Anwendungsfall ist an die Umgliederung einer einzelnen Pfarrgemeinde zu einer anderen Kirchengemeinde zu denken.4#
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Absatz 5 behandelt den seltenen Fall der Veränderung der Grenzen zu den benachbarten Landeskirchen. Im Unterschied zu der früheren Regelung in § 28 Abs. 2 Satz 2, die auch für diesen Fall eine Rechtsverordnung des Evangelischen Oberkirchenrates genügen ließ, ist jetzt klargestellt, dass dafür ein zwischenkirchlicher Vertrag mit der Nachbarkirche erforderlich ist. Nach Art. 83 Abs. 2 Nr. 4 GO ist für den Abschluss solcher Verträge grundsätzlich der Landeskirchenrat zuständig. Da sich durch die Abgabe bzw. Aufnahme einer Kirchengemeinde oder von Teilen von ihr das Gebiet der Landeskirche ändert, ist hier ausnahmsweise eine Bestätigung durch die Landessynode notwendig.

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1 ↑ GVBl. S. 253.
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2 ↑ Vergl. dazu die Kommentierung bei Artikel 33 Rdnr. 5. Die dort genannten Kriterien sind entsprechend anwendbar.
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3 ↑ Vergl.: Art 25 Abs. 1 GO.
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4 ↑ Für die Umgliederung einer einzelnen Kirchengemeinde in einen anderen Kirchenbezirk siehe die Regelung in Art. 33 Abs. 1 letzter Satz.