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Richtlinien über das Verhalten und Verfahren
bei Kirchenaustritten und bei der Wiederaufnahme
Ausgetretener

Vom 9. Februar 1988

(GVBl. S. 163), geändert am 21. Juli 1998 (GVBl. S. 203)

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Eine Empfehlung des Evangelischen Oberkirchenrates für Kirchenälteste, Pfarrer und kirchliche Mitarbeiter.
1.
Kirchlich-theologische Überlegungen
1.1
Die Kirche freut sich über jeden, der zur Gemeinde Jesu kommt oder der wieder zu ihr zurückfindet. Darum soll auch das Verfahren bei einer Wiederaufnahme in die Kirche in seiner Gestaltung diese Freude deutlich zum Ausdruck bringen.
1.2
Der missionarische Auftrag sendet die Kirche zu allen Menschen und schließt auch jene ein, die sich von ihr getrennt haben. Darum sollte alles vermieden werden, was geeignet ist, Ausgetretene bloßzustellen, auszugrenzen oder dem Austritt den Charakter des Endgültigen zu geben.
Briefe an Ausgetretene sollen diesen Gespräche anbieten, die Möglichkeit dazu geben, ihre Vorbehalte, negativen Erfahrungen und Enttäuschungen mit der Kirche auszusprechen und deutlich machen, daß der Kirchenaustritt von der Gemeinde als Verlust und Anfrage empfunden wird.
1.3
Christsein und Taufe sind nach dem Zeugnis des Neuen Testaments untrennbar mit der Zugehörigkeit zur Kirche verbunden. Darum darf ein Kirchenaustritt nicht als Bagatelle betrachtet werden. Der Ausgetretene hat sich durch eine förmliche Erklärung von der Gemeinschaft der sichtbaren Kirche getrennt, auch wenn die Motive dazu im Einzelfall sehr unterschiedlich gewesen sein mögen und dem Ausgetretenen die Folgen in ihrer Tragweite nicht bewußt sind.
1.4
Die Kirche bleibt ihren getauften Gliedern verpflichtet, auch wenn diese sich von ihr getrennt haben. Darum haben alle Christen, besonders auch Pfarrer und kirchliche Mitarbeiter die Aufgabe, Ausgetretene bei sich bietender Gelegenheit zum Wiedereintritt zu ermutigen, sie dazu einzuladen und ihnen die dazu erforderlichen Schritte aufzuzeigen und zu erleichtern.
1.5
Der Wiedererwerb einer Kirchenmitgliedschaft in der Evangelischen Landeskirche bedarf sowohl der Willenserklärung des Ausgetretenen wie auch des Beschlusses des zuständigen Ältestenkreises über seine Wiederaufnahme (§ 23 Abs. 2 Buchst. d Grundordnung).
1.6
Eine Wiederaufnahme ist ein geistlicher Akt: Der Wiederaufgenommene bestätigt aufs neue sein Ja-Wort zur Taufe. Als Zeichen der wiederauflebenden Zugehörigkeit zur Gemeinde Jesu Christi wird er zur Teilnahme am Mahl des Herrn eingeladen. Zugleich ist die Wiederaufnahme ein rechtlicher Akt, der die Zugehörigkeit zur Landeskirche regelt sowie Rechte und Pflichten der Kirchenmitgliedschaft begründet.
2.
Regelungen für die Wiederaufnahme in die Kirche
2.1
Antrag auf Wiederaufnahme
Wenn Ausgetretene wieder in die Evangelische Landeskirche aufgenommen werden wollen, stellen sie einen schriftlichen Antrag. Ausreichend ist auch eine mündliche Bitte gegenüber dem für den Wohnsitz zuständigen Gemeindepfarrer.
2.2
Zuständigkeit
  1. Zuständig für die Entscheidung über die Wiederaufnahme ist der Ältestenkreis der Pfarrgemeinde, in welcher der Antragsteller jetzt wohnt. Wünscht der Antragsteller nicht Glied der Wohnsitzgemeinde, sondern einer anderen Pfarrgemeinde zu werden, so entscheidet der Ältestenkreis der gewählten Gemeinde über die Wiederaufnahme.
  2. Jede Gemeinde, jeder Pfarrer und jede kirchliche Dienststelle sollte Antragsformulare vorrätig haben und Anträge auf Wiederaufnahme entgegennehmen. Sie sollten dem Antragsteller bei der Verbindung mit seiner Wohnsitzgemeinde behilflich sein und den Antrag an das zuständige Pfarramt weiterleiten.
  3. Der für die Wiederaufnahme zuständige Gemeindepfarrer oder von ihm beauftragter Kirchenältester nimmt, sobald ein Antrag auf Wiederaufnahme vorliegt, persönliche Verbindung mit dem Antragsteller auf und sorgt dafür, daß eine alsbaldige Entscheidung im Ältestenkreis erfolgt.
  4. Insbesondere in größeren Städten wird empfohlen, bei einer vorhandenen kirchlichen Dienststelle eine (zentrale) Kontakt- und Ansprechstelle für Ausgetretene einzurichten und in der Öffentlichkeit bekanntzumachen. Hier erfolgt eine erste Beratung von Antragstellern und ihre Weitervermittlung an das zuständige Pfarramt.
2.3
Gespräche vor der Wiederaufnahme
Der für die Behandlung des Antrages zuständige Pfarrer führt vor der Wiederaufnahme mit dem Antragsteller ein Gespräch über die Gründe des Wiedereintritts. Dabei sollen Sinn und Bedeutung von Taufe und Kirchenmitgliedschaft bedacht werden und die Einladung zur Beteiligung am kirchlichen Leben der Gemeinde ausgesprochen werden. Bei Bedarf sollen Angebote zur Einführung in den christlichen Glauben gemacht werden.
2.4
Der zuständige Kirchengemeinderat/Ältestenkreis entscheidet möglichst in seiner nächsten Sitzung über den Antrag der Wiederaufnahme. Eine Ablehnung des Antrages ist nur dann geboten, wenn die vorgebrachten Gründe über eine Wiederaufnahme nicht dem Wesen einer Kirchenmitgliedschaft angemessen sind.
Das Ergebnis der Entscheidung wird dem Antragsteller vom zuständigen Pfarrer mitgeteilt. Eine Wartezeit darf nicht auferlegt werden.
2.5
Vollzug der Wiederaufnahme
Die Aufnahme in die Evangelische Landeskirche soll in einer angemessenen Weise gestaltet werden, die mit dem Antragsteller abgesprochen wurde. Die Agende II bietet dafür eine Ordnung (S. 138ff.) an. Die Aufnahme ist mit der Einladung zur Teilnahme am Abendmahl verbunden. Sie wird in das Kirchenbuch eingetragen. Der Aufgenommene erhält eine entsprechende Urkunde.
2.6
Bekanntmachung
Eine besondere Bekanntmachung im Gottesdienst oder Gemeindeblatt ist nur mit Einverständnis des Wiederaufgenommenen zulässig.