.

Geltungszeitraum von: 01.09.1992

Geltungszeitraum bis: 31.12.2023

Verordnung
über das Orgel- und Glockenwesen
der Evangelischen Landeskirche in Baden
(Orgel- und Gl.VO)

In der Fassung der Bekanntmachung vom 1. September 1992

(GVBl. S. 161), zuletzt geändert am 11. September 2001 (GVBl. S. 224)
außer Kraft getreten zum 31. Dezember 2023 (GVBl. 2024; Nr. 9, S. 20)

####

§ 1

( 1 ) Orgeln und Glocken in Kirchen und sonstigen kirchlichen Gebäuden sind für den gottesdienstlichen Gebrauch bestimmt. Sie müssen klanglich und technisch dieser Bestimmung genügen sowie sachverständig und sorgfältig gepflegt werden.
( 2 ) Bei der Beschaffung, Unterhaltung und Instandsetzung von Orgeln und Glocken ist nach den Vorschriften dieser Verordnung zu verfahren.
#

Abschnitt I
Organisatorischer Aufbau

###

§ 2
Orgel- und Glockenprüfungsamt

( 1 ) Die Aufsicht über das Orgel- und Glockenwesen der Evangelischen Landeskirche wird durch den Evangelischen Oberkirchenrat ausgeübt. Dieser bedient sich dabei des Orgel- und Glockenprüfungsamts in Karlsruhe als einer beim Evangelischen Oberkirchenrat eingerichteten Fachstelle. Das Orgel- und Glockenprüfungsamt besteht aus dem Leiter und den weiteren vom Evangelischen Oberkirchenrat berufenen Sachverständigen.
( 2 ) Der Leiter des Orgel- und Glockenprüfungsamts wie auch die Sachverständigen werden vom Evangelischen Oberkirchenrat berufen.
#

§ 3
Aufgaben des Orgel- und Glockenprüfungsamts

Das Orgel- und Glockenprüfungsamt wirkt bei dem Bau, dem Umbau, der Reparatur und der Restaurierung von Orgeln, beim Kauf von Serien- (auch von elektronischen Orgeln) und Gebrauchtorgeln sowie bei der Beschaffung von Glocken und Läuteanlagen mit, es überwacht die Ausführung der Arbeiten und Lieferungen und prüft die fertiggestellten Orgeln, Glocken und Läuteanlagen.
Es berät in Abstimmung mit dem Kirchenbauamt auch in heizungs- und klimatechnischen Fragen.
#

Abschnitt II
Orgelneu- und -umbauten, Instandsetzungen und Restaurierungen

###

§ 4
Vorbereitung und Beauftragung

( 1 ) Ist eine Orgelmaßnahme i.S.v. § 3 beabsichtigt, berichtet der Kirchengemeinderat dem Orgel- und Glockenprüfungsamt. Der zuständige Sachverständige berät den Kirchengemeinderat, gibt ein Gutachten über die vorhandene Orgel ab und fertigt einen Kostenüberschlag für das Vorhaben an. Er informiert das Kirchenbauamt über das Vorhaben (§ 20 Abs. 2 Nr. 9 der Kirchenbauordnung – KBO –).
( 2 ) Die Gutachten des Orgel- und Glockenprüfungsamts sind für den kirchlichen Dienstgebrauch bestimmt und von der Kirchengemeinde vertraulich zu behandeln.
( 3 ) Ein vom Beirat für Kirchenmusik eingesetzter Orgelausschuß berät das Orgel- und Glockenprüfungsamt in konzeptionellen Fragen und hinsichtlich der Priorität der vorzusehenden Maßnahmen.
#

§ 5
Beschlußfassung des Kirchengemeinderats

Aufgrund des Vorschlags des Orgel- und Glockenprüfungsamts beschließt der Kirchengemeinderat die Ausschreibung der Arbeiten sowie einen Finanzierungsplan.
#

§ 6
Beschränkte Ausschreibung

Der Kirchengemeinderat fordert nach Beratung durch das Orgel- und Glockenprüfungsamt mindestens drei, bei Auftragsvolumen unter 7 500,00 Euro zwei Orgelbauwerkstätten zur Abgabe eines Angebots auf. Die Ausschreibung wird vom Orgel- und Glockenprüfungsamt an die Werkstätten versandt mit der Aufforderung, innerhalb einer in der Ausschreibung festgesetzten Frist Kostenvoranschläge für die Arbeiten einzureichen.
#

§ 7
Prüfung der Angebote

Soweit die Angebote nicht direkt dem Orgel- und Glockenprüfungsamt zugegangen sind, legt der Kirchengemeinderat diese dem Orgel- und Glockenprüfungsamt zur gutachtlichen Prüfung vor. Im Gutachten ist darzulegen, inwieweit sich die einzelnen Angebote zur Berücksichtigung bei der Vergabe des Auftrags eignen. Der Zuschlag darf nur aufgrund eines einwandfreien und alle Arbeiten umfassenden Angebots erteilt werden. Dabei ist nicht allein die Höhe des Angebots entscheidend.
#

§ 8
Aufbringung der Mittel

( 1 ) Das Vorhaben kann durch Spenden, Haushaltsmittel der Kirchengemeinden, Zuschüsse der Landeskirche und Darlehen finanziert werden. Die haushaltsrechtlichen Bestimmungen der Landeskirche (KVHG, VerwO) sind dabei zu beachten.
( 2 ) Beim Vollzug des Haushaltsplans ist nach Möglichkeit aus Spenden und freien Haushaltsmitteln eine Orgelrücklage zu bilden, die nur für das Orgelbauvorhaben verwendet werden darf.
#

§ 9
Vergabe der Arbeiten und Abschluß des Vertrags

( 1 ) Die Arbeiten dürfen nur vergeben werden, wenn die entsprechend § 6 geforderten verwertbaren Angebote vorliegen und die Finanzierung der Arbeiten gesichert ist. Sofern nach dem Kostenüberschlag des zuständigen Sachverständigen der Aufwand für die Arbeiten 10 000,00 Euro nicht übersteigt, kann von einer Ausschreibung Abstand genommen und der Auftrag im Benehmen mit dem Orgel- und Glockenprüfungsamt unmittelbar einer Orgelbauwerkstatt erteilt werden.
( 2 ) Nach Prüfung der Angebote und Deckung des Gesamtaufwands beschließt der Kirchengemeinderat die Ausführung der Arbeiten und nennt die Gründe, die zur Auswahl einer der Orgelbauwerkstätten geführt haben. Er setzt die Orgelbauwerkstatt von der auf sie gefallenen Wahl in Kenntnis und schließt unter Mitwirkung des Orgel- und Glockenprüfungsamts vorbehaltlich der Genehmigung durch den Evangelischen Oberkirchenrat den Orgelbauvertrag ab. Die Zahlungsbedingungen müssen im Orgelbauvertrag genau festgelegt sein. Bewerber, denen der Zuschlag nicht erteilt wurde, erhalten vom Kirchengemeinderat einen ablehnenden Bescheid; ihre Unterlagen sind zurückzugeben.
#

§ 10
Genehmigung des Evangelischen Oberkirchenrats

Der Orgelbauvertrag ist nach vorausgegangener Beratung durch das Orgel- und Glockenprüfungsamt dem Evangelischen Oberkirchenrat über das Orgel- und Glockenprüfungsamt in vierfacher Fertigung zur Genehmigung vorzulegen. Der Vorlage ist ein Auszug aus dem Sitzungsprotokoll des Kirchengemeinderats über seine Beschlußfassung anzuschließen. Desgleichen ist der Finanzierungsplan für das Vorhaben vorzulegen. Das Orgel- und Glockenprüfungsamt äußert sich bei der Vorlage an den Evangelischen Oberkirchenrat darüber, ob gegen den Vertrag Bedenken bestehen. Eine Fertigung des mit dem Genehmigungsvermerk versehenen Orgelbauvertrags sendet die Kirchengemeinde umgehend der Orgelwerkstatt, eine Fertigung erhält das Orgel- und Glockenprüfungsamt.
#

§ 11
Abnahme

Das Orgel- und Glockenprüfungsamt prüft die fertiggestellten Arbeiten und teilt das Ergebnis dem Kirchengemeinderat und der Orgelbauwerkstatt mit. Der Kirchengemeinderat beschließt sodann die Abnahme und schließt im Benehmen mit dem Orgel- und Glockenprüfungsamt mit der Orgelbauwerkstatt einen Wartungsvertrag ab (§ 12).
#

Abschnitt III
Wartung der Orgeln

###

§ 12
Abschluß des Vertrags

( 1 ) Orgeln bedürfen einer sorgfältigen Pflege, um ihren Wert zu erhalten. Es soll daher in jedem Fall ein Wartungsvertrag mit einer Orgelbauwerkstatt abgeschlossen werden. Die Instandhaltung der Orgel und deren Stimmung darf nur einer erprobten Orgelbauwerkstatt übertragen werden.
( 2 ) Die nach dem Muster des Evangelischen Oberkirchenrats abzuschließenden Wartungsverträge bedürfen der Prüfung durch das Orgel- und Glockenprüfungsamt.
#

§ 13
Prüfung

Die Orgelbauer halten Art und Umfang der Wartung in einem Prüfungsbogen fest, dessen Empfang ein Beauftragter der Kirchengemeinde gegenzeichnet. Der Organist prüft die richtige Ausführung der Arbeiten. Von der Kirchengemeinde kann der Bezirkskantor für diese Aufgabe hinzugezogen werden, in Streitfällen auch der zuständige Orgelsachverständige.
#

§ 14
Kündigung

Der Instandhaltungsvertrag kann von der Kirchengemeinde im Benehmen mit dem Orgel- und Glockenprüfungsamt unter Beachtung der Kündigungsfrist gekündigt werden.
#

§ 15
Deckung des Aufwands

Die Kirchengemeinde hat für die Instandhaltung der Orgel einen angemessenen Betrag in den Haushaltsplan einzusetzen.
#

§ 16
Orgel- und Geläuteprüfungen

Orgeln und Geläute werden in regelmäßigen Abständen, jedoch mindestens einmal in 15 Jahren geprüft. Im Zusammenhang mit der Prüfung sollen die Kirchengemeinderäte, Pfarrer und Organisten hinsichtlich der Pflege und Benutzung von Orgeln und Geläuten sachgemäß in Zusammenarbeit mit dem Bezirkskantor beraten werden.
#

Abschnitt IV
Mitwirkung des Kirchenbauamts, Hochbauamts, Denkmalamts

###

§ 17
Mitwirkung des Kirchenbauamts/Staatlichen Hochbauamts

( 1 ) Das Orgel- und Glockenprüfungsamt berät die Entwürfe für den Neu-, Umbau oder die Erweiterung einer Orgel mit dem Kirchenbauamt. Dieses prüft die Angebote nach bautechnischen Gesichtspunkten, beurteilt insbesondere etwa erforderliche Veränderungen am Kircheninbau (Ort der Aufstellung, Prospektgestaltung, Vergrößerung oder Abänderung der Empore) und stellt hierfür eine Kostenschätzung auf (vgl. § 20 Abs. 2 Nr. 9 der KBO).
( 2 ) Bei Orgeln in einem Kirchengebäude, für welches das Land baupflichtig ist, hat sich der Kirchengemeinderat oder das Orgel- und Glockenprüfungsamt unter Vorlage der erforderlichen Unterlagen mit dem Staatlichen Hochbauamt in Verbindung zu setzen und das Kirchenbauamt zu informieren. Für sonstige Kirchengebäude, zu denen eine Kirchengemeinde nicht baupflichtig ist, gilt Satz 1 entsprechend mit der Maßgabe, daß anstelle des Staatlichen Hochbauamts der Baupflichtige tritt.
#

§ 18
Andere Baupflichtige

Ist für eine Orgel ein landeskirchlicher Fonds bau- und unterhaltungspflichtig, finden die Bestimmungen dieser Verordnung entsprechende Anwendung. Bei anderen Baupflichtigen hat der Kirchengemeinderat auf entsprechende Anwendung der Bestimmungen dieser Verordnung hinzuwirken. § 10 (Genehmigung durch den Evangelischen Oberkirchenrat) findet keine Anwendung.
#

§ 19
Denkmalamt

Für ganz oder teilweise unter Denkmalschutz stehende Orgeln gelten die Bestimmungen des Denkmalschutzgesetzes. Das Orgel- und Glockenprüfungsamt hat bei der Durchführung von Arbeiten an solchen Orgeln sowohl die Kirchengemeinden darauf hinzuweisen als auch rechtzeitig mit dem Denkmalamt Verbindung aufzunehmen. Dies gilt vor allem im Hinblick auf die fachliche und finanzielle Mitwirkung des Denkmalamts bei der Durchführung von Arbeiten. Für die Klärung grundsätzlicher Fragen ist der Evangelische Oberkirchenrat zuständig, dem das Orgel- und Glockenprüfungsamt gegebenenfalls berichten soll.
#

Abschnitt V
Glocken

###

§ 20
Allgemeine Bestimmungen

Auf das Glockenwesen finden die §§ 5 bis 12 entsprechende Anwendung, soweit sich aus den folgenden Bestimmungen nichts anderes ergibt.
#

§ 21
Mitwirkung des Orgel- und Glockenprüfungsamts

Die Beschaffung, Auswechslung oder Instandsetzung ganzer Geläute oder einzelner Glocken darf nur unter Mitwirkung des Orgel- und Glockenprüfungsamts erfolgen (§ 4). Dieses macht Vorschläge über die Tonzusammenstellung und gibt eine Kostenschätzung. Das Orgel- und Glockenprüfungsamt wirkt bei der Auswahl der Glockengießer, die zur Abgabe eines Angebots aufgefordert werden, mit und begutachtet die eingehenden Angebote.
#

§ 22
Mitwirkung des Kirchenbauamts, Staatlichen Hochbauamts

Statische und konstruktive Fragen, insbesondere bei beschädigten Glockenstühlen und -türmen, fallen – unbeschadet einer notwendigen Beteiligung des Staatlichen Hochbauamts oder anderer Baupflichtiger – in die Zuständigkeit des Kirchenbauamts, ebenso bauliche Veränderungen am Kirchturm.
#

§ 23
Denkmalamt

Bei Glocken, die älter als hundert Jahre sind, ist auf den bestehenden Denkmalschutz zu achten. Solche Glocken dürfen nicht umgegossen werden.
#

§ 24
Kirchtürme/Glockenträger

Kirchtürme und Glockenträger müssen so erstellt werden, daß die Glocken und Läutemaschinen vor Witterungseinflüssen geschützt sind. Die Glocken müssen leicht zugänglich sein, damit ihre Pflege jederzeit ohne besondere Maßnahmen möglich ist. Die Bestimmungen der Berufsgenossenschaft sind dabei zu beachten.
Die Glocken sollen in einer mit Holzjalusien abgeschlossenen Glockenstube aufgehängt werden. Die Kirchengemeinde ist für die Überwachung des baulichen Zustands verantwortlich (§ 22 KBO).
#

§ 25
Prüfung der Geläutearbeiten

( 1 ) Fertige Glocken sind einer Werkprüfung durch das Orgel- und Glockenprüfungsamt zu unterziehen. Nur in Ausnahmefällen kann die Werkprüfung durch die Analyse des Glockengießers ersetzt werden. Sobald die Glocke(n) auf dem Turm angebracht ist/sind, hat durch den zuständigen Sachverständigen die endgültige Prüfung zu erfolgen, über deren Ergebnis dem Kirchengemeinderat und dem Glockengießer unter gleichzeitiger Benachrichtigung des Evangelischen Oberkirchenrats zu berichten ist.
( 2 ) Auch der Ersatz von Läutemaschinen, Klöppeln und anderen Teilen der Läuteanlage, soweit sie nicht unter die Teile fallen, die bei den jährlichen Wartungsarbeiten wegen normaler Abnutzung ersetzt werden müssen, unterliegen dieser Verordnung. Die §§ 4 bis 11 gelten entsprechend.
#

§ 26
Genehmigung des Evangelischen Oberkirchenrats

Alle Geläutearbeiten, soweit sie nicht im Rahmen der normalen Wartungsarbeiten aus dem im Haushalt dafür zur Verfügung stehenden Betrag bestritten werden, bedürfen der Genehmigung des Evangelischen Oberkirchenrats (§ 12 Satz 3 gilt entsprechend).
#

Abschnitt VI
Schlußbestimmungen

###

§ 27

Diese Verordnung tritt am 1. September 1992 in Kraft. Zum gleichen Zeitpunkt tritt die Verordnung über das Orgel- und Glockenwesen vom 26. August 1986 (GVBl. S. 134) außer Kraft.