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Kirchengesetz
zur Regelung der evangelischen Militärseelsorge
in der Bundesrepublik Deutschland

Vom 8. März 1957

(ABl. EKD S. 257, GVBl. S. 28)

Auf Grund des Artikels 10 Buchstabe b der Grundordnung hat die Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland das folgende Kirchengesetz beschlossen, das hierdurch verkündet wird:
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Abschnitt I
Grundsätze

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§ 1

Die Militärseelsorge bildet einen Teil der den Gliedkirchen obliegenden allgemeinen Seelsorge. Sie wird gemäß dem am 22. Februar 1957 zwischen der Evangelischen Kirche in Deutschland und der Bundesrepublik Deutschland geschlossenen Vertrag (Staatsvertrag) im Auftrag der Gliedkirchen von den hierfür aus den Gliedkirchen berufenen Militärgeistlichen unter der Leitung des Militärbischofs wahrgenommen.
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§ 2

Der Kirche der Militärseelsorge ist innerhalb des Bereichs der Gliedkirchen an deren Bekenntnis gebunden.
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§ 3

Die Vertretung der kirchlichen Aufgaben gegenüber der Bundesrepublik wird für die Militärseelsorge durch die Evangelische Kirche in Deutschland wahrgenommen. Sie ist dabei nach den Vorschriften dieses Gesetzes an die Mitwirkung der Gliedkirchen gebunden.
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Abschnitt II
Personale Seelsorgebereiche, Militärkirchengemeinde

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§ 4

Für Gottesdienste und Amtshandlungen in den personalen Seelsorgebereichen und den Militärkirchengemeinden ist die Ordnung der zuständigen Gliedkirche maßgebend.
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§ 5

Zu Vereinbarungen nach Artikel 7 Abs. 3 des Staatsvertrages über eine von Artikel 7 Abs. 1 Ziff. 5 und 6 des Staatsvertrages abweichende Abgrenzung des Personenkreises der personalen Seelsorgebereiche und der Militärkirchengemeinden bedarf der Militärbischof der Zustimmung des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland. Der Rat nimmt vorher mit der Kirchenkonferenz Fühlung.
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§ 6

Auf die Militärkirchengemeinden finden die Ordnungen der Gliedkirchen entsprechende Anwendung, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt.
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§ 7

Soll eine Amtshandlung an Gliedern des personalen Seelsorgebereiches oder der Militärkirchengemeinde an Stelle des zuständigen Militärgeistlichen durch einen anderen Geistlichen wahrgenommen werden, so ist hierbei für Dimissoriale, Anzeige oder Abmeldung nach dem Recht der Gliedkirchen zu verfahren. Statt eines Dimissoriales oder einer Abmeldung genügt eine Anzeige, wenn ein anderer Geistlicher aus Gründen des Bekenntnisstandes in Anspruch genommen wird.
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§ 8

( 1 ) Zur Vereinbarung der im Schlußprotokoll des Staatsvertrages zu Artikel 7 vorgesehenen näheren Regelung mit den zuständigen Stellen der Bundesrepublik wird der Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland ermächtigt, der hierzu der Zustimmung der beteiligten Gliedkirchen bedarf.
( 2 ) Soweit in den Gliedkirchen Kirchensteuern von Angehörigen der personalen Seelsorgebereiche oder der Militärkirchengemeinden eingehen, sind die Gliedkirchen verpflichtet, zu den durch staatliche Mittel nicht gedeckten Kosten der Militärseelsorge entsprechend beizutragen.
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§ 9

Der Militärbischof vereinbart mit dem Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland, in welcher Form Amtshandlungen in die Kirchenbücher einzutragen sind, die bei den personalen Seelsorgebereichen und Militärkirchengemeinden geführt werden.
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Abschnitt III
Leitung der Militärseelsorge

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§ 10

Der Militärbischof übt im Auftrage der Gliedkirchen die Leitung der Militärseelsorge und die kirchliche Dienstaufsicht über die Militärgeistlichen aus. Das Amt des Militärbischofs wird nebenamtlich wahrgenommen.
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§ 11

Zur Benennung eines für das Amt des Militärbischofs in Aussicht genommenen Geistlichen gegenüber der Bundesregierung und zur Benennung des Militärgeneraldekans bedarf der Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland der Zustimmung der Kirchenkonferenz. Der Militärbischof hat sein Amt zur Verfügung zu stellen, wenn der Rat nach Anhörung der Kirchenkonferenz es verlangt.
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§ 12

( 1 ) Der Militärbischof unterrichtet den Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland laufend über seine Tätigkeit. Er hält mit den Gliedkirchen Fühlung und berichtet ihnen jährlich über die Tätigkeit der Militärseelsorge.
( 2 ) Der Militärbischof wird zu den Tagungen der Synode und der Kirchenkonferenz der Evangelischen Kirche in Deutschland eingeladen.
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§ 13

( 1 ) Mit der Einführung der Militärgeistlichen in ihr kirchliches Amt in der Militärseelsorge kann der Militärbischof einen dienstaufsichtführenden Militärgeistlichen beauftragen. Gehört der einführende Militärgeistliche einem anderen Bekenntnis an als der Militärbischof, so beauftragt dieser mit der Einführung einen dienstaufsichtführenden Militärgeistlichen gleichen Bekenntnisses.
( 2 ) Entsprechendes gilt für die Einweihung gottesdienstlicher Räume.
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§ 14

( 1 ) Zur Beratung des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland und des Militärbischofs in den Angelegenheiten der Militärseelsorge wird vom Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland ein Beirat berufen.
( 2 ) Zu dem Erlaß der Feldagende, des Feldgesangbuches sowie allgemeiner Vorschriften und Richtlinien bedarf der Militärbischof der Zustimmung des Beirates, zu dem Erlaß der Feldagende und des Feldgesangbuches außerdem der Zustimmung des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland. Dieser nimmt vorher mit der Kirchenkonferenz Fühlung.
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Abschnitt IV
Militärgeistliche

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§ 15

Die Militärgeistlichen bleiben an ihr Ordinationsgelübde und das Bekenntnis ihrer Gliedkirche gebunden. Sie haben die Gemeinschaft mit ihr aufzurechtzuerhalten.
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§ 16

Die Militärgeistlichen bleiben Geistliche ihrer Gliedkirche. Die allgemeinen Rechte und Pflichten der Militärgeistlichen als kirchliche Amtsträger richten sich nach den Ordnungen ihrer Gliedkirche. Während der Amtsdauer der Militärgeistlichen ruht ihre Bindung an die Weisungen der Vorgesetzten ihrer Gliedkirchen.
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§ 17

Der Militärbischof sorgt dafür, daß die Gemeinschaft zwischen den Militärgeistlichen und ihren Gliedkirchen aufrechterhalten bleibt.
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§ 18

In den personalen Seelsorgebereichen und den Militärkirchengemeinden sind in erster Linie Geistliche der Gliedkirche zu verwenden, zu deren Bereich die personalen Seelsorgebereiche und die Militärkirchengemeinden gehören. Soweit dies nicht möglich ist, setzt sich der Militärbischof bei der Verwendung anderer Geistlicher mit der betreffenden Gliedkirche ins Benehmen.
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§ 19

( 1 ) Die Gliedkirchen schlagen dem Militärbischof die für die Militärseelsorge benötigten Geistlichen in der erforderlichen Zahl vor und stellen sie für den Dienst in der Militärseelsorge frei.
( 2 ) Die Gliedkirchen können die Freistellung widerrufen, wenn die Verwendung des Militärgeistlichen im Dienst der Gliedkirche aus wichtigen Gründen geboten erscheint. Der Widerruf kann auch erfolgen, wenn die Gliedkirche mit dem Militärbischof darin übereinstimmt, daß die weitere Verwendung des Militärgeistlichen in der Militärseelsorge untunlich ist. Wird die Freistellung widerrufen, so stellt der Militärbischof bei dem Bundesverteidigungsminister den in Artikel 23 Abs. 1 Ziff. 2 des Staatsvertrages vorgesehenen Antrag auf Entlassung des Militärgeistlichen.
( 3 ) Wenn der Militärgeistliche auf Wunsch seiner Gliedkirche entlassen wird, ist diese verpflichtet, ihn unter Anrechnung seiner in der Militärseelsorge verbrachten Dienstzeit wiederzuverwenden. Die Gliedkirche übernimmt in diesem Falle die Versorgung des Geistlichen unter Anrechnung seiner Dienstzeit als Militärgeistlicher.
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§ 20

Die nach Artikel 18 Absatz 1 des Staatsvertrages zunächst probeweise einzustellenden Militärgeistlichen werden auf Antrag des Militärbischofs von ihrer Gliedkirche für die Erprobungszeit beurlaubt.
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§ 21

Die in das Dienstverhältnis eines Bundesbeamten auf Zeit berufenen Militärgeistlichen treten nach Ablauf ihrer in der Militärseelsorge abgeleisteten Dienstzeit in den Dienst ihrer Gliedkirche zurück. § 19 Abs. 3 gilt entsprechend.
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§ 22

( 1 ) Werden gegen einen Militärgeistlichen sowohl als kirchlichen Amtsträger als auch als Bundesbeamten Dienststrafverfahren eröffnet, so kann das kirchliche Verfahren bis zum Vorliegen des Ergebnisses des Verfahrens vor dem zuständigen staatlichen Dienststrafgericht ausgesetzt werden.
( 2 ) Wird ein Militärgeistlicher durch das kirchliche Dienststrafgericht zur Entfernung aus dem Dienst oder zur Amtsenthebung verurteilt, so hat der Militärbischof unverzüglich gemäß Artikel 23 Abs. 1 Ziff. 1 des Staatsvertrages die Entlassung des Militärgeistlichen aus dem Bundesbeamtenverhältnis herbeizuführen.
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§ 23

Den Zeitpunkt, zu dem dieses Gesetz für die beteiligten Gliedkirchen in Kraft tritt, bestimmt der Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland durch Verordnung.